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Sonntag, 4. November 2012

Kleiner Ausschnitt (II)


Es ist Sonntag, Morgen geht also die Schule wieder los. Zwischen dem ersten Praxiseinsatz und heute liegen noch zwei Wochen voller Klausuren. Das und die Tatsache, dass ich heute noch fünf Stunden Autofahrt nach München vor mir habe (war zu Besuch bei meiner Familie) hindert mich leider daran, heute viel zu schreiben. Deswegen dachte ich mir, dass ich euch einfach mal den zweiten Teil meines Prologs einstelle! (Den ersten noch nicht gelesen? Dann schnell HIER!). Bedenkt bitte, dass das noch vollkommen unlektoriert, also noch in seiner Rohfassung ist!
Viel Spaß damit und immer her mit dem Feedback ;) 


Natürlich wollte Anke einen Tee trinken! Auf ihrer heimisches Couch! „Machen sie sich keine Umstände, Herr Karen, eine gemütlichere Atmosphäre können sie kaum schaffen.“ Herr Karen bemerkte wohl ihren Blick über das Mobiliar seines Zimmers, denn er räusperte sich verlegen. „Ich muss mich auch dafür entschuldigen, dass es hier momentan nicht so gemütlich aussieht, wie man es wahrscheinlich von einem Kindertherapeuten erwartet. Aber ich ziehe gerade aus, die Kündigung läuft bereits.“
„Ach, sie wurden gekündigt?“ fragte anke Bothur mit gelangweilter Stimme, die sofort suggerierte, dass es sie nicht im Geringsten interessierte. Auch Herr Karen merkte das sofort und dazu brauchte er nichts von dem Wissen über Psychologie, die er fünf Jahre lang studiert hatte. An dieser Stelle kam er mit ein wenig Smalltalk nicht weit. Es gab also keinen anderen Weg, als endlich aufs Ganze zu gehen. Herr Karen setzte sich auf seinen Schreibtischstuhl und stützte in gewohnter Manier das Gesicht auf die zusammen gefalteten Hände. „Der Verlust ihrer Nichte tut mir wirklich leid, Frau Bothur. Es war sicher ein Schock für sie,“
Anke ließ einen missbilligenden Laut hören. „Herr Karen, nun tun sie doch nicht so. Das Mädchen, Gott hab ihrer Seele gnädig, war ein psychisches Wrack und das wissen sie doch sicher am besten. Für niemanden, einschließlich mir, kam ihr Selbstmord überraschend.“
Bei dieser eiskalten Antwort musste Herr Karen schlucken. Er hatte in seiner Laufbahn schon viele Gespräche mit Erziehungsberechtigten von Selbstmördern geredet. Er hatte Wut erlebt, Tränen, Verzweiflung und Unverständnis. Aber noch nie hatte jemand so abgeklärt auf den Tod eines nahen Familienmitgliedes reagiert. „Nun, anscheinend kam ihr Tod für mich überraschender als für sie, Frau Bothur. Meiner Meinung nach hat sie sich bereits auf dem Weg der Besserung befunden.“
„Weg der Besserung?“ Anke lachte auf. „Ich erzähle ihnen mal etwas, mein Lieber, es gibt Krankheiten und Leiden, die niemand bessern kann und ihre gehörte dazu.“
Mit großer Überraschung sah Herr Karen die Frau an, er verstand gar nichts mehr. „Nun, Frau Bothur, die Heilungsquote von Kindern, die ihre Eltern verloren haben, steht gar nicht mal so schlecht und soweit ich weiß...“
Doch Anke Bothur unterbrach sein Gerede mit einer wirschen Handbewegung. „Ich rede nicht von irgendwelchen Traumata, die das Kind angeblich erlitten haben soll.“ Ein geheimnisvolles Grinsen umspielte ihren faltigen Mund. „Das Kind hatte größere Probleme als das, glaube sie mir...“
Herr Karen musste sich ziemlich zusammen reißen, denn er wusste genau, um was es der Frau ging. Johanna hatte ihm oft genug vom Aberglauen ihrer Tante erzählt. Und desto länger er diese unverschämte Frau auf dem Stuhl vor sich sitzen hatte, desto mehr verstand er, warum das Mädchen psychisch labil gewesen war im Bezug auf andere Menschen. Allerdings wollte er der Frau auch nicht direkt auf den Schlips treten, deswegen lächelte er nur müde. „Johanna hat mir des öfteren erzählt, dass sie eine dunkle, böse Seite an ihr gesehen haben...“
„Und die hatte sie!“ schoß Anke Bothur sofort wütend heraus. „Glauben sie mir, ich bin nicht verrückt im Gegensatz zu ihr. An ihr klebte seit ich sie kenne der Schatten des Teufels!“
Herr Karen konnte es gerade noch so unterdrücken, laut loszulachen oder aufzuseufzen. „Nun, wir vertreten offensichtlich verschiedene Meinungen, lassen sie uns nicht darüber streiten.“
„Das ist keine Frage der Weltansicht, Herr Karen.“ Anke Bothur schnaubte. „Aber nur aus reiner Neugierde...warum haben sie mich dann herbeordert? Was war denn so wichtig?“
„Ja natürlich.“ Herr Karen wischte sich einmal über das Gesicht, um seine Gedanken wieder zu ordnen. „Auch wenn es mittlerweile nicht mehr mein Job ist, ich hatte Johanna gern. Und mir gegenüber schien sie in letzter Zeit auf den Weg der Heilung, wie ich bereits sagte. Sie schien sehr gelöst und glücklich. Nicht zuletzt, weil ich ich ein soziales Projekt berufen hatte, sie mit einem Mädchen ihrer Altersklasse zusammenzustecken, das ebenfalls bei mir in Therapie war. Es sollte den Mädchen das Kontakte knüpfen zu anderen Menschen erleichtern.“
„Sie reden von dieser Carla, nicht wahr?“ Frau Bothur schien ernsthaft bestürzt, denn ihre selbstgemalten Augenbrauen schossen unnatürlich weit nach oben, in Richtung ihrer Stirn. „Sie war auch in Therapie bei ihnen? Ich kann nicht glauben, dass sie auch so ein psychisches Wrack war wie meine Nichte...“
„Ihre Nichte war kein psychisches Wrack!“ Herr Karen bemühte sich ernsthaft, nicht seine Geduld zu verlieren mit dieser furchtbaren Frau, aber es fiel ihm mit jedem Wort schwerer. „Ja, Carla war auch eine meiner Patientinnen, die beiden sollten sich gegenseitig bei ihrem Heilungsprozess unterstützen.“
„Na das hat ja wunderbar geklappt, nicht wahr? Und was ist mit Carla, ist sie noch in Behandlung bei ihnen?“
„Sie ist ebenfalls tot.“ Herr Karen lockerte seine Krawatte, denn auf einmal schien es ihm im Zimmer immer heißer zu werden. „Sie starb am gleichen Tag wie Johanna, bei einem Verkehrsunfall.“

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