Teil 1: Klick!
Teil 2: Klick!
Anke
Bothur schlug sich entsetzt eine Hand auf die Brust. „Oh mein Gott,
das arme Kind! Sie war wirklich ein unglaublich lieber Mensch.“ Sie
sah über ihre Brille hinweg den Mann eine Spur argwöhnisch an.
„Jetzt kann ich auch verstehen, warum sie ihren Job hinschmeißen.
So gut können sie es ja nicht gemacht haben, wenn ihnen hier alle
Patienten wegsterben, nicht wahr? Und ich bin mir fast sicher, dass meine
Nichte mit alledem irgendwas zu tun hat!“
„Wie
können sie so etwas sagen?!“ Eigentlich hatte Herr Karen nicht
vorgehabt, laut zu werden. Aber nun musste er die flache Handfläche
auf den Tisch schlagen.
Anke
Bothur zuckte nicht erschrocken zusammen, sondern schielte wieder
über den Rand ihrer silbernen Brille hinweg. „Nun beruhigen sie
sich schon wieder, guter Mann. Ich sage ja nur die Wahrheit.“
„Ich
bezweifle, dass Johanna etwas mit Carlas Tod zu tun hat. Die beiden
mochten sich und ihre Nichte war ein guter Mensch, egal was sie für
ein furchtbares Bild von ihr haben.“ Herr Karen rang nach Fassung
und Luft, bevor er gezwungen ruhig fortfuhr: „Und ob sie es glauben
oder nicht, Johanna machte einen heilenden Eindruck auf mich.
Deswegen würde mich persönlich interessieren, ob sie sich gegenüber
ihnen in letzter Zeit irgendwie merkwürdig verhalten hat. Haben sie
etwas mitbekommen?“
Anke
Bothur überlegte kurz, dann zuckte sie mit den Schultern. „Ich
kann nicht behaupten, dass meine Nichte sich irgendwann mal normal
verhalten hat. Aber an dem Abend bevor ich sie gefunden habe, war sie
tatsächlich noch merkwürdiger als sonst.“
Herr
Karen schaute aufmerksam auf und konnte es nicht verhindern, wieder
seine Hände zu kneten. „Was meinen sie genau damit?“
„Naja,
Carla war an dem Abend bei uns. Johanna hatte sich den ganzen Tag
schon in ihr Zimmer zurückgezogen und wollte nicht einmal etwas
essen. Carla war eine Weile bei ihr oben im Zimmer und irgendwann
kamen die beiden die Treppe runter gestürmt, als wäre der Teufel
persönlich hinter ihnen her. Johanna hat die ganze Zeit darauf
bestanden, bei Carla zu übernachten.“ Anke schüttelte
missbilligend mit dem Kopf. „So etwas hatte ich bei ihr noch nie
erlebt, das können sie mir glauben. Aber naja, sie hatte ja auch nie
Freunde. Also habe ich sie eben gehen gelassen. Wer weiß …
vielleicht haben die beiden sich gestritten und...naja, man soll ja
nicht schlecht über Tote reden, nicht wahr?“
Herr
Karens Nackenhaare stellten sich gefährlich auf. „Danke Frau
Bothur, sie haben mir sehr weitergeholfen. Das war auch schon alles,
was ich von ihnen wissen wollte. Vielen Dank für ihre kostbare
Zeit.“ Er konnte diese Frau keine Sekunde mehr ertragen. Er wollte
nur noch, dass sie endlich verschwand und ihn in Ruhe ließ, am
besten für den Rest seines Lebens.
„Oh,
was für eine Erleichterung.“ Frau Bothur sprang sofort auf, als
hätte man sie jahrelang auf diesem Stuhl gefesselt. „Dann wünsche
ich ihnen noch ein paar schöne Wochen. Halten sie sich lieber von
psychisch kranken Menschen fern, sie scheinen denen ja nicht
sonderlich gut helfen zu können.“
Herr
Karen stützte den Kopf in die Hände und stöhnte genervt auf.
„Bitte gehen sie, Frau Bothur, ich habe anscheinend unser beider
Zeit verschwendet.“
„Sie
sollten nicht so unhöflich sein.“ schnaubte Anke Bothur und hängte
sich ihre Tasche über den Arm. „Immerhin habe ich meinen freien
Sonntag geopfert, um hier her zu kommen und mir das Geschwafel eines
Möchtegern-Therapeuten anzuhören. Denken sie, das hätten viele
Menschen auf sich genommen? Da irren sie sich! Und meine
Lieblingsserie habe ich auch verpasst.“
„Das
tut mir wirklich unheimlich leid, Frau Bothur, ich hoffe sie werden
diese Enttäuschung ohne große Folgen überstehen.“ Herr Karen bemühte sich gar nicht mehr, seine Abneigung gegenüber dieser Frau
zu verstecken. Wahrscheinlich ging ihr das genau so nahe wie der Tod
ihrer Nichte, offensichtlich.
„Das
hoffe ich auch. Und bevor ich es vergesse...“ Frau Bothur kramte in
ihrer Handtasche und warf dem Therapeuten einen weißen,
geschlossenen Umschlag auf den Schreibtisch. „Wenn sie meine Nichte
so unglaublich vergötterten, werden sie sich sicher auch freuen,
dass sie ihnen einen Abschiedsbrief geschrieben hat. Einem
zweitklassigen Therapeuten, nicht der Frau, sie sie großgezogen und
durchgefüttert hat!“ Frau Bothur schien sich absolut in Rage
geredet zu haben, denn auf ihrer Stirn traten bereits kleine blaue
Äderchen hervor.
Herr
Karen starrte fassungslos auf den Briefumschlag auf seinem
Schreibtisch. „Warum haben sie nicht vorher einen Brief erwähnt?
Warum haben sie die Tage nach ihrem Tod keinen Kontakt mit mir
aufgenommen, um mir davon zu erzählen?!“
„Ich
will mit dem Leben von Johanna absolut nichts mehr zu tun haben und
mit ihrem Tod noch viel weniger. Sie hat eine ziemliche Schande auf
mich geworfen mit ihrem egoistischen Selbstmord! Sie haben ja keine
Ahnung, wie es ist, wenn die ganze Nachbarschaft über einen redet!“
Sie richtete den kleinen schwarzen Hut auf ihrem Kopf, der bei ihrer
zitterten Wut verrutscht war. „Bitte kontaktieren sie mich nie
wieder wegen dieser Sache! Guten Tag!“ Mit wütendem
Kampfschritt verließ sie das Büro des Therapeuten.
Herr
Karen konnte einfach nicht anders, als ihr mit offenem Mund hinterher
zu starren. So eine unverfrorene Frau war ihm im Leben nicht
untergekommen!
Langsam
richtete er seinen Blick wieder auf den Umschlag, nahm ihn vorsichtig
und zog dann den Zettel heraus. Es standen nur ein paar Sätze
darauf, in einer ziemlich wackeligen Handschrift, wie in großer Pein
geschrieben. Als Herr Karen sich den Brief durchgelesen hatte von dem
Mädchen, dass er seit zehn Jahren kannte, stiegen ihm die Tränen in
die Augen und er konnte nicht anders, als den Brief zu umkrampfen und
still in seinem leeren Büro zu sitzen und lautlos zu weinen.
Mehr gibt es von dieser Geschichte erstmal nicht zu lesen. Aber wie ihr vielleicht noch im Gedächtnis habt: Ich bin immer noch auf der Suche nach Beta-Lesern dafür!
Wenn ihr also Interesse habt, schreibt einen Kommentar mit eurer E-Mail-Adresse oder schreibt mir direkt an: between.t.lines@googlemail.com.
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