Heute würde ich euch gern den Anfang einer meiner Geschichten posten. Es ist ein Teil des Prologs, den ich schon eine ganze Weile fertig habe und der mal ganz anders geschrieben ist, als sonst: Nämlich in der dritten Person. Enjoy...
Prolog.
Es
war ein regnerischer Sonntag im September und damit eigentlich kein
Tag, an dem Anke Bothur ihre Wohnung verließ. Normalerweise pflegte
sie an ihren freien Tagen das Ritual, ihre Beine hochzulegen und bei
einer Tasse Tee den Nachmittagsklatsch im Fernsehen anzuschauen. Aber
heute war sie doch aufgestanden. Die Umstände verlangten es so.
Auf
der Straße befanden sich trotz des schlechten Wetters jede Menge
Menschen. Mit der schwarzen Kleidung, die eigentlich so gar nicht ihr
Stil war, fiel Anke noch mehr auf, als sie es sonst tat. Aber auch
diese Sache war von den Umständen gefordert. Zwar war es schon lange
keine Mode mehr...in Ankes Familie hatte man aber schon immer
schwarze Kleidung getragen, wenn jemand gestorben war.
Die
Straße, in die die ältere Frau nun einbog, lag in einer Gegend, in
der sie noch nie zuvor gewesen war. Sie war verschrien als eine
Gegend, in der viele Verbrechen passierten und Anke drückte
ängstlich ihre Handtasche näher an sich. Sie hatte hier überhaupt
nicht hin gewollt und wieder einmal fragte sie sich, warum man sie
hierher beordert hatte.
Vor
einem großen, backsteinfarbenen Gebäude blieb Anke stehen, rückte
unsicher ihre runde Brille zurecht. Nummer 44. Hier war sie richtig,
diese Adresse hatte der Mann am Telefon ihr genannt. Auf dem großen,
weißen Schild neben der Tür war zu lesen, dass es sich um eine
Gemeinschaftspraxis für Nervenheilkunde handelte. Eigentlich hatte
Anke große Lust, sich einfach wieder umzudrehen, den weiten Weg nach
Hause zu laufen und diese ganze Sache zu vergessen, wie sie es schon
die ganze Zeit über versucht hatte. Und es wäre ihr sicher auch
gelungen, wäre nicht besagter, unheilvoller Anruf gekommen. Und hier
stand sie nun, unsicher, was sie tun sollte.
In
diesem Moment ging die dunkle Metalltür auf und ein Mann trat aus
dem Gebäude. Er war jünger als Anke, vielleicht Ende zwanzig,
Anfang dreißig. Seine Augen waren müde und wiesen große Spuren
schlafloser Nächte auf, vieler schlafloser Nächte. Auch sein
3-Tage-Bart und sein nicht mehr so frisch wirkendes Hemd zeugten
davon, dass er wohl nicht mehr sonderlich viele Gedanken an die
alltäglichen Dinge richtete.
Auch
wenn es Anke widerstrebte, einen derart schmuddeligen Menschen
anzusprechen, der noch dazu aus einem solchen Gebäude heraus kam,
ging sie ein paar Schritte auf ihn zu.
Das
Klacken ihrer Schuhe auf dem Asphalt verriet sie und der Mann hob den
Kopf. Seine wasserblauen Augen sahen unendlich traurig aus, auch wenn
er sich jetzt an einem gezwungenen Lächeln versuchte. "Kann ich
ihnen vielleicht irgendwie helfen?"
Seine
Stimme klang genau so, wie Anke vermutet hatte: rau, angespannt und
genau so traurig, wie es seine Augen waren. Aber das Wichtigste war,
dass sie seine Stimme erkannte.
"Davon
gehe ich aus." antwortete Anke und konnte einen leicht pikierten
Unterton nicht unterdrücken. "Ich denke ich gehe richtig in der
Annahme, dass wir telefoniert haben, richtig? Sie sind doch Herr
Karen?"
Schon
leuchtete etwas in den Augen des Mannes auf. "Ja, ich denke da
haben Sie recht. Dann müssen sie....Johannas Tante sein, nicht?"
Sofort,
um noch mehr unheilvolle Begegnungen vorzubeugen, schrieb Anke ein
unsichtbares Kreuz in die Luft vor ihrem Gesicht. Dann zischte sie
scharf: "Anke Bothur. Sie wollten mich sprechen?"
Etwas
verwirrt von ihrer kalten Art nickte Herr Karen. "Ja, das ist
richtig. Aber lassen sie uns solche Dinge nicht hier draußen
besprechen." Er warf seine Zigarette auf den Boden und trat sie
gedankenversunken aus, auch wenn sie mitten in einer Pfütze gelandet
war. Dann lächelte er unsicher. "Wenn sie mir bitte folgen
möchten, Frau Bothur?"
"Eigentlich
nicht, aber was bleibt mir denn jetzt noch für eine Wahl?"
brummte Anke und stolzierte hochnäsig durch die aufgehaltene Tür.
Im
Inneren folgte sofort ein kleines Wartezimmer, indem ein paar
Menschen auf den bunten Plastikstühlen saßen, in Zeitschriften
blätterten und aufsahen, als sie eintrat.
Anke
Bothur wünschte sich in diesem Moment nichts sehnlicher, als die
Zeit zurückdrehen zu können. Hätte sie diesen Anruf doch nur
ignoriert! Wäre sie doch gar nicht erst ans Telefon gegangen, als es
an ihrem freien Tag geklingelt hatte! Wenn die Leute aus ihrer
Nachbarschaft hörten, dass sie sich an einem Sonntagnachmittag in
einer Nervenheilanstalt aufhielt...was würden sie reden!
Wahrscheinlich würde jeder denken, dass sie aufgrund des Todes ihrer
Nichte nicht mehr ganz richtig im Kopf war und Anke wollte sich gar
nicht vorstellen, was das für furchtbare, soziale Folgen mit sich
zog!
„Hier
entlang, Frau Bothur...“ Herr Karen wie ihr eine Richtung und lief
dann den Flur entlang.
Anke
Bothur schnaubte. Gut, der Typ hatte wenigstens ein paar Manieren.
Leiden konnte sie ihn trotzdem nicht, immerhin war er schuld an ihrer
derzeitigen Misere! Mit kleinen, aber energischen Schritten folgte
sie ihm, nicht ohne den Menschen im Wartezimmer noch einen
abschätzigen Blick zuzuwerfen. Armes, geisteskrankes Gesindel!
Herr
Karen steuerte ein kleines Büro am Ende des Ganges an, öffnete die
Tür und ließ Anke hinein. Sie sah sich einen Augenblick um, auch
wenn es in diesem spärlich eingerichteten Zimmer nicht sonderlich
viel zu sehen gab. Nur ein Schreibtisch, zwei Stühle und ein
Beistelltischchen mit einer halb verwelkten Blume darauf, mit der
wohl jemand krampfhaft versucht hatte, etwas Atmosphäre zu schaffen.
Anke
drückte ein verächtliches Lachen, bevor sie sich auf den Stuhl
gegenüber des Schreibtisches Platz nahm und die kleine schwarze
Tasche auf ihrem Schoß abstellte.
Herr
Karen nahm nicht sofort Platz, sondern lief zuerst zu dem Fenster hin
und sah kurz hinaus. Die ganze Zeit knetete er dabei seine Hände,
als müsse er sich einen Moment lang sammeln. Dann fuhr er zu Anke
herum und versuchte es erneut mit einem Lächeln. „Wie unhöflich
von mir. Ich sollte Ihnen womöglich einen Tee oder einen Kaffee
anbieten. Ich bin in letzter Zeit etwas durch den Wind, sie
verstehen...“
Das war doch heute mal ein langer Post! Hat es euch gefallen? Möchtet ihr vielleicht mehr davon lesen? Ab heute habt ihr die Möglichkeit, mit einem Klick unter dem Post eure Meinung kund zu tun: "Mehr davon!", "Gefällt mir" und "Muss nicht sein" habt ihr als Auswahl und ich würde mich freuen, wenn ihr das nutzt ;)
Liebe Anne, vielen Dank fürs Teilen. Mir gefällt dieser Ausschnitt wirklich sehr gut und mich würde brennend interessieren, wie es weiter geht. Hast Du ein Voting angelegt für diesen Artikel? Ich kann ihn nämlich nicht finden:-(
AntwortenLöschenIch werde auf jeden Fall noch den Rest vom Prolog posten.
LöschenLeider wird das Voting nicht angezeigt, muss mich mal auf Fehlersuche begeben. :/
Toller Text, ich mag deinen Schreibstil! Werde gleich mal den Rest lesen, den du online gestellt hast. Machst du das privat, oder möchtest du auch veröffentlichen?
AntwortenLöschenViele Grüße,
Anna
Bei dieser Geschichte weiß ich es noch nicht, aber man kann auf jeden Fall Beta-Leser von ihr werden ;)
LöschenAndere Geschichten werde ich bald veröffentlichen.